Warner Springs – Mikes Place

von | 25. Mai. 2022 | Allgemein, Pacific Crest Trail PCT

Samstag, 21. Mai 30 km

,Hi, my name is ‘Hans’ i come from Switzerland. May I ask you something?’ ‘Nice to meet you Hans. I’m Bee from Alaska!’

Die meisten Gespräche fingen so an. Das ‘ruedi’ hatte ich schon lange aus dem Namen gestrichen. Das konnte eh keiner verstehen. Doch es ist für immer wieder eine Herausforderung mich den Hikern in englischer Sprache zu nähern. ‘Hiker Trash’ ist die Grundlage, damit du auf dem PCT überhaupt weiter kommst. Nun lernte ich also Bee aus Alaska kennen. In diesem Moment pfiff ein Vogel im Gebüsch an dem wir vorbei gingen. Scharf zischte Bee: , Don’t stay, go fast away. It’s a rattle snake!’ Echt jetzt. Ich hatte schon drei Klapperschlangen gesehen. Aber es war mir nicht klar, dass dieses Geräusch nun eben das Klapperschlangen klappern war.

Bee lachte mich aus: ,Haven’t you never heard a rattlesnake?’ Keine Ahnung. Ich dachte einfach, es seien Vögel. Nun fiel mir das Geklapper immer wieder auf. Im Verlauf meines Hikes hörte ich das Geräusch immer wieder und ich staunte, wie viele Klapperschlangen es plötzlich gab. Diese Tiere schienen ziemlich hässig zu sein über die ewigen Störungen.

Ich wurde vorsichtiger. Vor allem, wenn ich mal musste. Wenn du drei Tage in der Wildnis unterwegs bist, musst du zwischendurch auch mal richtig. Eben, richtig aufs WC gehen… Ich klopfte also die ganze Strecke bis zu einem bequemen Platz ab. Denn für das grosse Geschäft gibt es klare Verhaltensregeln. 30 feet Abstand zum Trail. Ein Loch mit mindestens 6 f Tiefe graben. Dann irgendwie das Geschäft erledigen ohne auf die eigenen Hose zu machen. Putzen, alles zubuddeln und schon ging die Wanderung viel leichter vonstatten. Anfänglich dachte ich, dass ich dieses Geschäft einfach für einen oder zwei Tage verklemmen würde. Doch bereits nach wenigen Stunden hat mich mein Körper eines besseren belehrt. Wie singt Bligg so schön in seinem Song: ‘Doch s’Arschloch isch dä Chef…!’ (Äxgüsi)

Der Zeltplatz im dichten Wald war wunderbar. Bereits um sechs Uhr in der früh machte ich mich auf den Weg. Die meisten anderen Hiker hatten sich schon verabschiedet.

Dann ging es ein wunderschönes Tal hoch. Der Weg bestand aus feinem Sand. Bequem zu wandern und es war wie am Vortag noch sehr kühl. Ein kleiner Fluss schlängelte sich dem Weg entlang. Ich hatte das Gefühl im Toggenburg zu wandern. Nur standen statt Weiss- und Rottannen riesige Pinien am Wegesrand.

Dann plötzlich riss die Wolkendecke und strahlend blauer Himmel wölbte sich. Der Weg machte einen scharfen Knick nach links und stieg steil an. Ich stoppte, filterte sieben Liter Wasser und begann mit dem Aufstieg. Es sollte nun 25 km aufwärts gehen. Die Landschaft veränderte sich. Oft hatte ich das Gefühl, ich sei im Film ‘Der Schatz im Silbersee’. Jeden Moment erwartete ich, dass Winnetou um die Ecke ritt. Es ging aufwärts und noch um einen Ecke und ich konnte den Trail kilometerweit sehen, wie er sich um die nächsten Berge schlängelte.

Um die Mittagszeit setzte ich mich unter einem Gebüsch in den Schatten und kochte. Doch ich mochte nur die Hälfte essen. Nach einigen Stunden, als die Schatten bereits länger wurden, wanderte ich weiter. Der Weg war unglaublich schön. Sand, Kies, aber auch Steinplatten. Immer relativ gleichmässig steil. Manchmal waren auch eine oder zwei Stufen zu überwinden. Der PCT ist ein Wander- und Reitweg! Der Weg ist also so angelegt, dass auch Pferde darauf gehen können. In diesem Moment musste ich laut lachen! Mein Bruder hatte in St. Peterzell seinen Pferdestall so angelegt, dass die Tiere zwei Stufen überwinden müssen um in den Stall zu kommen! Seine Pferde würden den PCT also bewältigen können. Und es ist kein Witz. Pferdeäpfel auf dem Weg beweisen, dass hier Pferde vorbei gekommen sind!

Irgendwann setzte ich mich mal wieder auf einen Stein. Der Schweiss tropfte nur so an mir herunter. In diesem Moment sah ich eine Hikerin die Serpentinen nach oben klettern. Es war Bee. Sie war eine Stunde vor mir aufgebrochen. Doch nun stellte sich heraus, dass sie unterwegs auch eine lange Pause eingelegt hatte. Wir unterhielten uns. Bee ist 24 Jahre alt, hatte soeben ein Biologie Studium abgeschlossen. Ihre Eltern betreiben in Alaska eine riesige Farm. Doch es sei damit kaum zu überleben und viele junge Menschen würden den Staat verlassen. Alle Geschwister hätten studiert. Unglaublich stolze Eltern. Doch niemand wisse, wie es mit der Farm weiter gehen würde.

Kurz vor dem Eindunkeln erreichte ich Mikes Place. Hiker Trash war, dass es hier jeweils Pizza geben würde. Doch davon war keine Rede. Es war niemand zuhause. Doch es hatte ein Plumpsklo. Viel Platz und Tische um zu sitzen. Luxus pur. Nach dem Nachtessen und einer Katzenwäsche baute ich mein Zelt auf und legte mich zufrieden in den Schlafsack.

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