Ich sitze in der Hotellobby des Hampton by Hilton und warte auf meinen Uber. Vor einer Woche bin ich aus dem Trail ausgestiegen. Ganz bewusst wollte ich meine Situation überdenken und mich neu organisieren.

 

Ich hatte genug von der kalifornischen Hitze. Gleichzeitig wurde die Situation mit den Wildfire immer schwieriger. Ich hatte keine Ahnung, wann ich nicht mehr weiter wandern könnte. Einige Thru Hiker, die ich immer wieder getroffen hatte, sind ausgestiegen. Andere skippten um die Feuer. Wanderten aber zum Teil auch durch Rauch. Das war das, was ich in keinem Fall wollte. Ich habe Angst davor im Rauch zu wandern.

Also entschloss ich mich einen langen Hupf zu machen und fast an die Grenze zu Washington zu skippen. Von Burney nahm ich den Bus nach Redding. Dort gab es einen Greyhound der direkt nach Portland Oregon fuhr.

Es wurde zu einem weiteren Abenteuer. Der Bus von Burney nach Redding fährt nur Werktags. Also musste ich am Donnerstag Burney bereits wieder verlassen. Genau zwei Passagiere sassen im kleinen Bus. Über einen breiten Highway ging es runter nach Redding. Dort angekommen machte ich mich mal schlau, wie ich zu einem Ticket für den Greyhound kommen würde. Der Typ am Schalter lachte mich aus. Die Tickets seien nur online erhältlich, brummte er dann. Also setzte ich mich auf die Gartenbank neben der Haltestelle und versuchte ein Tickets zu ordern. Doch Pech gehabt. Ich war nachmittags um drei angekommen und wusste, dass der graue Hund abends kurz vor Mitternacht abfahren würde. Doch der Bus war bereits voll. Der nächste Bus würde am Freitag von morgens um neun bis abends um sechs nach Portland rollen. Doch ich hatte keine Lust während dem ganzen Tag in einem engen Bus zu hocken. Also buchte ich das Nachtticket und würde also von Freitag Mitternacht bis Samstagmorgen um neun fahren.

Was ich nun brauchte war eine Übernachtungsmöglichkeit für Donnerstag auf Freitag. Und was würde ich vom Auschecken bis zur Abfahrt des Buses tun? Das waren nochmals zwölf Stunden.

Zuerst fand ich ein günstiges Motel Downtown in der Nähe des Greyhound Bushofes. Dort verbrachte ich eine Nacht . Leider weigerte sich die Mitarbeiterin in der Lobby meinen Rucksack für mich aufzubewahren. So musste ich also vollgepackt durch die Strassen von Redding wandern. Ich fand über Goggle Maps einen Coffeeshop. Dort genoss ich seit langem den besten Espresso und Cappuccino. Im Café sassen viele Menschen an ihren Notebooks. Also packte ich mein Surface aus und begann zu schreiben.

Dann fuhr ich mit einem Uber zu einem Outdoorshop um mich bereits für die nächsten Wandertage vorzubereiten. Zurück zum Coffeeshop. Eine Frau sprach mich an. Sie hiess Toni und fragte, ob ich Wasser auffüllen wolle. Dann wollte sie alles über meinen Thru Hike wissen. Wir plauderten bis der Shop geschlossen wurde. Ich verabschiedete mich und hatte nun ein Problem. Denn es war erst fünf Uhr abends und mein Bus fuhr erst um Mitternacht.

In einem japanischen Restaurant genoss ich Shushi und Sashimi. Doch das Restaurant schloss um neun Uhr. Also noch drei Stunden. Ich wanderte durch die Strassen. Überall lagen Obdachlose. Das hatte mir grad noch gefehlt. Denn mit meiner Wanderausrüstung sah ich im ersten Moment diesen ‚Hobos‘ sehr ähnlich.

Irgendwann setzte ich mich in einer belebten Strasse auf einen Stein am Rand. Da spielte ich ‚Ruzzle‘ auf meinem Handy und liess die Zeit verstreichen. Plötzlich wurde es immer rauchiger. Ein heisser Wind blies den Rauch aus einem Wildfire nahe der Stadt durch die Strassen. Langsam kratzte der Hals. Die Menschen flanierten weiterhin durch die Gassen und an der nahen Bar wurde die Schlange vor dem Türsteher länger.

Dann wurde es Zeit zur Busstation zu gehen. Der Bus kam mit einer halben Stunde Verspätung. Einzelne Passageier stiegen aus. Sie packten ihre Koffer aus dem Fach und gingen von dannen. Weitere Gäste stiegen aus um zu rauchen. Die Tickets wurden kontrolliert und die neuen Gäste durften zusteigen. Der Bus war total ausgebucht. Ich fand einen letzten Platz neben einer etwas korpulenten Amerikanerin. Es war schrecklich eng und unangenehm. Die Fahrt war der Horror. Dauernd hustete jemand oder irgendwo grunzte oder furzte ein anderer Passagier. Die Bordtoilette stank. Doch es war nicht möglich sein Geschäft anderweitig zu erledigen. Die Toiletten an den Haltestellen waren allesamt zugesperrt.

Mein Plan war ab Portland sofort zur Timberline Lodge zu fahren. Doch davon sah ich ab. Als ich ankam wollte ich nur noch duschen und schlafen. Also buchte ich hier ein Zimmer für zwei Nächte. Ich hatte das Gefühl, ich sei nach dieser Nacht schmutziger, als nach sechs Tage auf dem Trail.

Heute wird es weitergehen. Wahrscheinlich zu letzten Etappe auf dem Trail durch Washington an die kanadische Grenze. Ich bin ausgeruht und motiviert.

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